Wie alles begann
Die Geschichte des Tennisclub Bliesmengen-Bolchen (TCBB)
- Persönlicher Bericht eines Zeitzeugen -
(Quelle: Werner Bachmann, Gespräch in seinem Haus Nr. 25, Wingertstraße in BB)
Werner Bachmann aus Bliesmengen-Bolchen feierte im Frühjahr 2017 seinen 80. Geburtstag. Er gehört zu den vier Männern, die 1975 den Tennisclub Bliesmengen-Bolchen gegründet haben. Ich besuche ihn zuhause, wo er mit seiner Frau lebt. Sein Sohn wohnt in Boppard am Rhein.
Werner Bachmann wurde 1937 in Bliesmengen-Bolchen geboren und lernte als junger Kerl zuerst Schreiner, ging dann aber Ende der 50-er Jahre zum Zoll. Sein langjähriger Job: mit einem Schäferhund die saarländische Grenze zwischen Hornbach (Pfalz) und Saargemünd überwachen.
8 Stunden pro Tag lief er mit seinem vierbeinigen Kollegen an den Ufern der Blies entlang. Er patrouillierte auch den Abschnitt, wo heute der Tennisplatz des TCBB liegt. Er galt als unbestechlich und dienstbeflissen. Im Dorf heißt es hinter vorgehaltener Hand, er habe sogar mal seinen eigenen Schwager an der Grenze angehalten und ernsthaft gefragt, ob er Waren aus Frankreich mitführe, Zigaretten und Ähnliches. So streng sei er gewesen.
Anfang der 70-er Jahre, so erzählt mir Werner Bachmann in seinem Wohnzimmer, richtete der saarländische Zoll und auch er selber sein besonderes Augenmerk auf die Terroristen der Baader Meinhof Bande (Rote Armee Fraktion RAF), die sich Anfang der 70-er Jahre im Elsass versteckten und bei Bedarf über die grüne Grenze nach Deutschland wechselten. Ulrike Meinhof habe, so Bachmann, damals aus ihrem Versteck in Frankreich öfters ihren Zahnarzt in einem Nachbarort besucht. Wie und wo sie über die Grenze kam, sei bis heute unklar. Bachmann: „Die Terroristen gingen hier über die Grenze ein und aus. Die konnte man rein äußerlich nicht erkennen. Die hatten immer andere Frisuren und perfekt gefälschte Pässe“. – Zeitgeschichte mal hautnah erlebt.
Genau in die Hochzeit des RAF-Terrors Mitte der 70-er Jahre fiel die Gründung des Tennisclubs Bliesmengen-Bolchen. Wie das kam, erzählt mir Werner Bachmann im Detail.
Werner Bachmann gehört zu den 4 Gründungsmitgliedern des TCBB von 1975, die damals im Bliesmengener Fußballverein gemeinsam in der AH (Altherrenmannschaft) spielten, darunter Gerd W. Sommer, Günther Vogelgesang, Werner Lück und eben Werner Bachmann. Sie gründeten den Tennisverein quasi eines Abends bei ein paar Bier – einfach so, weil sie erkannten, dass man Fußball nicht unbegrenzt lange spielen könne. Die Verletzungsgefahr sei einfach zu groß. Und so kamen sie auf die Idee mit dem Tennisverein. „Im Grunde eine Schnappsidee“, sagt Bachmann heute und fügt hinzu: „Aber damals war Tennis unheimlich in Mode gekommen. Ein paar Jahre später wurden Boris Becker und Steffi Graf bekannt. Dann ging es so richtig los mit dem Tennis in Deutschland“.
Drei der vier Gründungsmitglieder hatten noch nie Tennis gespielt. Nur einer von ihnen, Gerd W. Sommer, spielte in Saarbrücken. Die anderen drei wollten es aber gerne lernen – vor allem schnell. Für Fußballer sollte Tennis doch ein Spaziergang sein, meinten sie. Und so gingen Werner Bachmann und seine Mitstreiter erst mal nach Saarbrücken und nahmen dort Trainerstunden gegen Bezahlung – teils zusammen mit ihren Ehefrauen. Tennis, das erkannten die Fußballer dann aber recht bald, muss man richtiggehend erlernen. „So einfach, wie man es im Fernsehen sah, war die Sache nicht“, meint Bachmann heute.
Dann war es endlich so weit: Zwei Jahre nach der offiziellen Gründung wurden 1977 in Bliesmengen-Bolchen 3 rote Sandplätze unweit der Hauptstraße, in Randlage des Ortes, unmittelbar neben der Blies aus dem Boden gestampft. Postalische Adresse: „IN DEN AUEN“. Die französische Grenze verläuft - noch heute – am diesseitigen Flussufer. Die Wasser der Blies fließen also an diesem Abschnitt gänzlich auf französischem Territorium Richtung Saargemünd, wo sie sich mit den Wassern der Saar vereinigen. Die Blies ist – das wissen die wenigsten Saarländer – mit knapp 100 km Länge (exakt: 99,5 km) der längste Fluss des Saarlandes. Sie entspringt, anders als die Saar, innerhalb des Bundeslandes im nördlichen Nohfelden (exakt: zwischen Selbach und Gronig) nur 1 km entfernt von der saarländischen Quelle der Nahe, die nach 125 Kilometern bei Bingen in den Rhein mündet. Die Saar fließt nur 79 Kilometer durch das Saarland.
Die extreme Grenzlage der Tennisanlage Bliesmengen-Bolchen an der Blies hat in der inzwischen 42-jährigen Vereinsgeschichte den Charme, dass so manches Mitglied aus Frankreich stammt, und sich demzufolge grenzüberschreitende Freundschaften gebildet haben. Dieses bilaterale Miteinander macht unter anderem den Reiz des TCBB aus, meint auch Werner Bachmann. Aber auch so mancher Tennisinteressierter von der Oberen Saar spiele heute hier in Bliesmengen.
Bei der offiziellen Gründung des TCBB 1975 als „eingeschriebener Verein“ (e.V.) fanden sich rund 55 Mitglieder ein, die jedoch keine Jahresgebühren zahlen mussten, weil kein Spielbetrieb möglich war. Die ersten Mitgliedsbeiträge flossen erst nach dem Bau und der Einweihung der 3 Sandplätze, die in einer gemeinsamen Kraftanstrengung aller Mitglieder in die herrlich wilde Natur der Bliesau eingebettet wurden. Noch heute ist das Gebiet zwischen der Tennisanlage und dem Fluss ein sehenswertes Stück „Urwald“ mit dichtstehenden, gut 20 m hohen Bäumen und verwilderten Teichen, ein Biotop für allerlei Getier, das den dort nistenden Vögeln zugute kommt. Umgeben ist die Tennisanlage von saftigen Weiden für Kühe und Pferde – ein malerisch schöner Ort. Wer dorthin kommt, tankt Natur – sei es Spieler oder Zuschauer, meint der ehemalige Grenzbeamte Bachmann.
Wie Torhüter Sepp Maier nach Bliesmengen-Bolchen kam
Als gelungener Werbe-Gag für die Einweihung der Bliesmengener Sandplätze im September 1977, spielte der damalige Vorsitzende des Saarländischen Tennis Bundes, Dr. Helmut Steigleiter, einen Schaukampf gegen den „Deutschen Fußballer des Jahres“ und gleichzeitigen Torhüter der Deutschen Fußballnationalmannschaft, Sepp Maier, der mit seiner Bundesligamanschaft Bayern München zwei Tage zuvor im Saarbrücker Ludwigsparkstadion sensationell 1:2 verloren hatte. Quasi als kleine „Revanche“ gewann der Bayern-Torhüter dann das Einweihungs-Match mit 6:7, 6:3 und 7:5 gegen den obersten saarländischen Tennis-Funktionär.
Rund 1000 Menschen hatten sich an diesem Tag in der Bliesau eingefunden und schauten dem „Maier Sepp“ zu, wie er mit teils lustigen aber auch artistischen Einlagen die Einweihungsfeier zu einem wahren „Happening“ machte, wie man damals noch zu einem Event sagte. Sepp Maier hatte übrigens 1974 seinerseits eine riesige Tennisanlage mit 12 Außenplätzen im Münchener Osten bauen lassen – als weiteres finanzielles Standbein neben seiner Karriere als Kicker. Er konnte schon damals eindrucksvolles Tennis spielen. Die Zuschauer in Bliesmengen-Bolchen waren jedenfalls zufrieden. - Am selben Tag spielte als weiterer Höhepunkt die spätere Weltranglisten Vierte im Damen-Einzel, Claudia Kohde-Kilsch (die heute in der Fraktion „DIE LINKE“ im Landtag arbeitet), gegen die Saarbrücker Lokalmatadorin, Gabi Leinen. Alles in allem: ein gelungenes Fest für den Ort und ein Ansporn - auch heute noch - die Tennistradition in Bliesmengen-Bolchen weiter zu pflegen, meint Werner Bachmann.
Nachdem die 3 Plätze eingeweiht waren (Ausrichtung: quer zum kleinen Weg), „organisierten“ die Tennisfreunde eine alte, klapprige Hütte (des ehemaligen Reichsarbeitsdienstes RAD) und bauten sie entlang der 3 Plätze auf, sogar schon mit kleiner Dusche und kleinem, gemütlichem Clubraum - alles aus Holz. Gründungsmitglied Werner Bachmann drechselte und schreinerte mit seinen Tennis-Kollegen die Inneneinrichtung. Die Ehefrauen backten Kuchen für jedes Training und jede Veranstaltung wie z.B. für die Medenspiele. „Der Zusammenhalt war unglaublich. Es war eine herrliche Zeit“, erinnert sich Werner Bachmann heute.
1982 kam 30 Meter seitlich des Clubheimes eine grüne Beton-Übungswand mit aufgemalter Netzoberkante (für das Aufschlags-Training) hinzu. Und gleich dahinter stellte ein Kran eine gebrauchte Fertiggarage hin, die der Vorstand irgendwo billig ergattert hatte. Darin werden auch heute noch die Netze, die Walzmaschinen, Stühle, Bänke und sonstiges Gerät aufbewahrt, wenn die Tennis-Saison zu Ende ist.
Nach nur wenigen Jahren Vereinsleben stieg die Mitgliederzahl Anfang der 1980-er Jahre auf etwa 270 Personen. Da entschloss sich der Verein, einen zusätzlichen 4. Platz zu bauen und gleichzeitig eine Mitgliedersperre auszusprechen. Es war einfach kein komfortabler Spielbetrieb mehr möglich: zu viele Leute für die wenigen Plätze. Auch das Clubhaus stieß an seine Grenzen.
In den 90-er Jahren entschied man sich nach reiflicher Überlegung, die Plätze um 90 Grad zu drehen, damit die Zuschauer den Spielbetrieb auf den 4 Plätzen besser mitverfolgen können. Der Parkplatz wurde ebenfalls vergrößert. Bei der Gelegenheit wurde der rote Sand-Weg vom Parkplatz zum Clubheim mit bei jedem Wetter begehbaren Verbund-Steinen belegt. Die rot verschmierten Schuhe bei Regen fielen dadurch endlich weg.
Kurz darauf wurde 1997 das Clubheim (die alte Barracke) von vielen Helfern abgerissen und am gleichen Ort durch ein solides, deutlich längeres Steinhaus ersetzt, das großzügigere Duschanlagen und Umkleideräume versprach.
Im Lokal (Clubraum) wurde sogar eine komfortable Fußbodenheizung installiert, gespeist von einer umwelt- und gleichermaßen kostenbewussten Solar-Heizung auf dem Dach. Gemütlich warm sollte es schon sein, wenn man dort Feste feiern wollte.
Werner Bachmann baute als gelernter Schreiner – mit Hilfe seiner Kameraden - den oberen Teil der neuartigen, schräg aufsteigenden Bierthekenwand im Lokal. Kenner wissen: Bierthekengespräche, vor allem politische, sind noch angenehmer, wenn die Fußspitzen nirgends anecken.
Das neue Clubheim wurde mit rund 70 freiwilligen Helfern in nur 150 Tagen im Winter 1997/98 gebaut. In einem Fotoalbum von damals trugen sich die Helfer am 26. April während der Einweihungsfeier voller Stolz ein.
Wieder einmal hatte die Gemeinschaft Großes geschaffen. Das schönste Hobby der Welt wurde für die Clubmitglieder durch den Neubau noch schöner und angenehmer, meint Bachmann im Rückblick.
Nach seiner Dienstzeit beim Zoll ging Werner Bachmann in den wohlverdienten Ruhestand und lebt heute als rüstiger Rentner in seinem Heimatort. Im Jahr 2010 hörte Werner Bachmann mit 73 Lebensjahren dann auf, Tennis zu spielen. Eine Hüftoperation zwang ihn aufs sportliche Altenteil. Immerhin: 33 Jahre frönte er seinem „weißen“ Sport. So lange hätte er nicht Fußball spielen können, meint er nachdenklich. Manchmal jucke es ihn sogar heute noch, wenigstens mal wieder ein Doppel zu spielen. Da würden die Hüftknochen und die Fußgelenke nicht so sehr beansprucht, meint er, wie beim Einzel.
Eigentlich fehlt ihm nur der Wille dazu. Denn es gibt im Verein noch ein paar Männer, die sogar noch mit bis zu 85 Jahren regelmäßig Tennis spielen. Und zwar jeden Donnerstag beim Training der über 60-Jährigen. Wenn das keine Empfehlung für Werner Bachmann ist.
Der Tennisclub sieht sich im Jahr 2017 einer neuen Herausforderung gegenüber: der stetige Mitgliederschwund durch Ausscheiden älterer Spieler zeitigte in den letzten 5 Jahren ein echtes Problem: Wie niedrig kann die Mitgliederzahl noch sinken, ohne dass der Verein als solcher in Gefahr gerät? Denn die auflaufenden, jährlichen Kosten wären mit 50 zahlenden Mitgliedern so hoch wie mit 100 oder 150. Mit momentan knapp 70 Mitgliedern ist die magische Grenze vermutlich bald erreicht, an der die Kosten nicht mehr zu decken sind. Allein das jährliche Herrichten der Sandplätze verschlingt einige Tausend Euro. Hinzukommen Kosten für das Wässern der Plätze, Strom, Heizöl (für kalte Tage) und Unterhaltskosten für die Anlage.
Und so hat sich der neue Vorstand 2017 ein großes Ziel gesetzt: die Jugend für diesen schönen Sport wieder zu begeistern. Das wurde jahrelang verpasst. Aber ohne Jugend gibt es keine Zukunft. Die Handy-Generation soll wieder Gefallen an einem Sport im Freien finden, den man sein Leben lang mit Begeisterung ausüben kann, wenn man nur einigermaßen fit bleibt.
Und dafür kämpft der neue Vorstand jetzt. Mit ca. 18 Kindern und Jugendlichen, die in den letzten 12 Monaten hinzugekommen sind, ist ein ermutigender Anfang gemacht worden.
Zwei junge Trainer (Florian Loschky und Phillip Persch, 2tes Foto, von l. n. rechts) nehmen sich jetzt die Zeit, die Jugend an das aus Frankreich (16. Jahrhundert) stammende und in England 1877 perfektionierte und reglementierte Ballspiel heranzuführen. Da kann man nur sagen: weiter so!
Joachim Meßner
Öffentlichkeitsarbeit TCBB
14. April 2017